Von den achtzehn Fahrrad-Trials, die ich zwischen 1974 und 1988 auf vier verschiedenen Geländen in und um Bad Nauheim durchgeführt habe (siehe Tabelle), stelle ich auf dieser Seite die wichtigeren vor.
- Fahrrad-Trial 25.05.1974 Frauenwald – Kirchner Hütte 5×5 Sektionen 30 Teilnehmer
- Fahrrad-Trial 28.09.1974 Frauenwald – Frauenwaldschule 5×5 Sektionen 25 Teilnehmer
- Fahrrad-Trial 24.05.1975 Frauenwald – Frauenwaldschule 5×5 Sektionen ü. 50 Teilnehmer
- Fahrrad-Trial 27.09.1975 Frauenwald – Frauenwaldschule 5×5 Sektionen ü. 20 Teilnehmer
- Fahrrad-Trial 22.05.1976 Frauenwald – Frauenwaldschule 5×5 Sektionen 53 Teilnehmer
- Fahrrad-Trial 07.08.1976 Ober Mörlen- Aitzenbach 5×5 Sektionen 24 Teilnehmer
- Fahrrad-Trial 25.09.1976 Frauenwald – Kirchner Hütte
- Fahrrad-Trial 02.07.1977 Ober Mörlen- Aitzenbach 4×7 Sektionen 25 Teilnehmer
- Fahrrad-Trial 22.04.1978 Frauenwald – Eichberg Hütte 4×6 Sektionen 15 Teilnehmer
- Fahrrad-Trial 11.11.1978 Frauenwald – Frauenwaldschule 23 Teilnehmer
- Fahrrad-Trial 29.09.1979 Frauenwald – Frauenwaldschule 4×7 Sektionen ü. 50 Teilnehmer
- Fahrrad-Trial 28.09.1980 Johannisberg – Weber Hütte 4×8 Sektionen ü. 50 Teilnehmer
- Fahrrad-Trial 20.09.1981 Frauenwald – Eichberg Hütte 4×6 Sektionen 73 Teilnehmer
- Fahrrad-Trial 26.09.1982 Frauenwald – Kirchner Hütte 4×8 Sektionen 46 Teilnehmer
- Fahrrad-Trial 11.11,1984 Frauenwald – Kirchner Hütte 4×7 Sektionen 40 Teilnehmer
- Fahrrad-Trial 28.09.1985 Ober Mörlen- Aitzenbach 4×10 Sektionen 33 Teilnehmer
- Fahrrad-Trial 18.10.1986 Frauenwald – Frauenwaldschule 4×7 Sektionen 16 Teilnehmer
- Fahrrad-Trial 24.09.1988 Frauenwald – Frauenwaldschule 10 Teilnehmer
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1. Fahrrad-Trial am 25. Mai 1974
Dazu gehört natürlich vor allem das erste Fahrrad-Trial am 25. Mai 1974, das ich deswegen recht detailliert darstelle. Es ist das älteste Fahrrad-Trial, das im Zusammenhang mit der Entwicklung des heutigen Fahrrad-Trials steht. 1 Von Bad Nauheim aus sprang der Funken nach Fürstenhagen über, womit die Entwicklung in Deutschland ins Rollen kam. Vom deutschen Fahrrad-Trial wiederum ging – über die Verbindungslinie Fürstenhagen, Felix Krahnstöver und Pere Pi – ein wichtiger Einfluß auf das Fahrrad-Trial in Katalonien aus, wo das Fahrrad-Trial unabhängig von Deutschland ebenfalls fast zeitgleich entstanden war. 2

Das Foto wurde von einem Feldweg aus, der die A 5 etwa 800 m nördlich der Abfahrt Nr. 14 / Ober Mörlen überquert (das ist die einstige Abfahrt Bad Nauheim, deren Name dann der später gebauten heutigen Abfahrt Nr. 13 zugeteilt wurde), in Richtung Süden aufgenommen. Die Abfahrt Ober Mörlen kann man an dem gerade auffahrenden roten Auto gut erkennen. Bei der Fahrt auf der Autobahn an Bad Nauheim vorbei gibt es zwischen der besagten Feldwegbrücke über die Autobahn und dem Rasthof „Wetterau“, der sich auf der anderen Seite des Tals oben auf der Höhe befindet (auf dem Foto rechts oben außerhalb des Bildrands), einige Gelegenheiten, einen Blick auf die große Apfelbaumwiese mit dem Frauenwald im Hintergrund zu erheischen.
Links auf dem Foto habe ich das Veranstaltungsgelände markiert. Die Sektionen 1-4 lagen links im Frauenwald relativ dicht beieinander, wobei sich die Sektionen 1-3 – und auch die Kirchner Hütte – jedoch schon außerhalb des Bildrands befinden. Deswegen habe ich nur die Sektion 4 am Waldrand mit einem kleinen Punkt markiert, ebenso am rechten Ende des Ovals die Sektion 5, die ein Stück entfernt von den übrigen Sektionen in der Nähe der Eichberg-Hütte lag. Der Waldrand und die angrenzende Apfelbaumwiese sind ein sehr idyllischer Ort, von dem man einen weiten Blick hat – auf den Fotos, die weiter unten folgen, wird man die Apfelbaumwiese wiedererkennen. In dem Video „Leaps & Bounds – The Story of Bike Trial“ von Desmond Lee kommt sie ebenfalls vor, denn auch ihn nahm die Atmosphäre an diesem ausgesprochen schönen Fleckchen Erde gefangen, als ich 2004 mit ihm dort war (so lange ist das jetzt schon wieder her …!).
(Die Vorgeschichte des ersten Fahrrad-Trials habe ich auf der vorstehenden Seite beschrieben) Nachdem ich vom Stadtjugendring Bad Nauheim grünes Licht bekommen hatte, sollte das Fahrrad-Trial jetzt schnellstmöglichst stattfinden. Natürlich mußte es erst organisiert werden. Fünf Wochen hielt ich dafür für ausreichend, auch wenn meine Eltern damals meinten, ob das nicht ein bißchen knapp sei, falls irgendetwas dazwischen käme. Als Termin suchte ich mir den 25. Mai aus – das war ein Samstag, weil ich Bedenken hatte, daß manche Kinder oder Jugendliche sonntags vielleicht keine Erlaubnis ihrer Eltern bekommen könnten, an der Veranstaltung teilzunehmen.
Es war klar, daß zuerst die Dinge zu erledigen waren, die etwas Vorlaufzeit benötigten – zuallerst die Genehmigung des Forstamts. Stadtjugendring war schon einmal gut; ansonsten: kein Feuer, kein Rauchen, kein Hinterlassen von Müll, Haftung bei Schäden durch die Veranstaltung. Das wurde zugesichert und unterschrieben und damit war die Genehmigung geklärt und klappte fortan zur beiderseitigen Zufriedenheit. Beim MSC Fränkische Schweiz bestellte ich nun die Absperrbänder, von denen ich im März im FAHRERLAGER gelesen hatte 3 – eigentlich ein Glücksfall. Man darf nicht vergessen, daß weder Baumärkte, noch die Plastikbänder zu dieser Zeit schon überall verbreitet waren. 4 So war das Bebänderungsproblem also schon mal gelöst. Die Johanniter-Unfallhilfe sagte auch zu und notierte sich die Daten – auf meinem unten folgenden Originalfoto 8 von 1974 ist einer der beiden Sanitäter zu sehen. Der Schreiner schnitt mir zehn Holztafeln aus Sperrholz zu und dann malte ich mit Ölfarbe die A- und E-Schilder. Sie wurden gelb mit schwarzer Schrift – weil ich das beim DM-Lauf in Mauer so gesehen hatte.
Jetzt galt es, das Werbeplakat für das Trial zu machen. Der Stadtjugendring hatte einfarbige Hintergrundplakate in den Farben grün, rot, gelb und lila, auf die dann die Veranstaltungsplakate in DIN A4-Größe geklebt wurden. Das Hintergrundplakat hatte wohl das Format DIN C3, also 324×458 mm – jedenfalls würde das von der Größe her hinkommen. In den siebziger Jahren waren Letraset-Buchstaben zum Aufrubbeln populär. Das Fahrrad auf dem Plakat wurde mit zwei „o“ und einem „v“ erstellt, der Körper des Fahrers könnte der Teil eines (gedrehten) Fragezeichens gewesen sein, der Lenker besteht aus Anführungszeichen. Daher rührte die etwas seltsame Optik des Plakats.

Die späte Startzeit erklärte sich dadurch, daß in dieser Zeit samstags noch Schule war und die Kinder genug Zeit haben mußten, nach der Schule nachhause zu fahren, mittagzuessen und dann mit ihren Fahrrädern in den Frauenwald zu gelangen. Zudem mußte auch ich genügend Zeit zum Aufbauen haben, denn ich steckte die Sektionen anfangs immer erst am Veranstaltungstag ab. Dafür bekam ich an diesem Samstag in der Schule frei! Das Abstecken ging allerdings auch sehr viel schneller als heute, weil es nur zwei Klassen gab, deren Fahrspuren noch sehr überschaubar waren. Im Kopf waren die Sektionen sowieso schon längst fertig. – 14:30 Uhr war unter diesen Umständen jedenfalls eine passende Startzeit.
Die Altersbeschränkungen zeugen von einer gewissen Unerfahrenheit und Unsicherheit beim ersten Trial. Es sollten einerseits keine zu kleinen Kinder überfordert werden und man deswegen womöglich Ärger bekommen – deswegen das Mindestalter von 12 Jahren (siehe dazu auch unten unter „Erinnerungen“). Das Höchstalter von 18 Jahren sollte verhindern, daß igendwelche Erwachsenen die Veranstaltung dominierten und den Kindern und Jugendlichen den Spaß nahmen. Beim zweiten Trial im September 1974 entfiel zunächst das Höchstalter der Teilnehmer und beim dritten Trial im Mai 1975 dann auch das Mindestalter.
Die Betonung des „Trimm-Pfads“ spiegelt die siebziger Jahre wieder, in denen die Trimm dich-Pfade neu und sehr populär waren. Heute würde man die Kirchner Hütte voranstellen und den Trimm dich-Pfad allenfalls erwähnen.
Ich kopierte immer einhundert Plakate, die dann auf die großen, farbigen Hintergrundplakate geklebt wurden und dadurch sehr an Geltung gewannen. Das Plakatieren in Bad Nauheim, Nieder Mörlen, Ober Mörlen, Steinfurth, Wisselsheim, Rödgen und Schwalheim – in Schulen, Geschäften, an Laternenmasten, Zäunen und Bäumen – war immer eine Menge Arbeit, die ich etwa zwei bis eineinhalb Wochen vor der Veranstaltung begann. Im Laufe der Zeit kannte ich schon meine Laternenmasten oder sonstigen Stellen, an denen Plakate gut sichtbar waren und hängenblieben oder aber auch abgerissen wurden und ebenso die Geschäfte, an deren Eingangstüren die Plakate gerne gesehen waren oder aber auch nicht. Das bekam Routine – und angesichts uralter Plakate, die einem beim Plakatieren oft im Wege waren, bestand mein Ehrgeiz immer darin, alle Plakate meiner Fahrrad-Trials nach der Veranstaltung auch wieder abzuhängen. – Einmal traf ich zufällig Harry Golemba (1936-2009), ein Original, über das ich im MOTORRAD mal einen Bericht gelesen hatte. „Plakate-Harry“ war mit seinem Mokick mit Anhänger überall in Hessen unterwegs und hängte Plakate von Moto Cross- und Bahnsport-Rennen auf.
Einen wertvollen Tipp bekam ich vom Stadtjugendring: in Bad Nauheim gab es die Reifenfirma Vergölst, von der der Stadtjugendring für Veranstaltungen große, gelbe Werbespannbänder erhielt und ebenso Pfeile für die Ausschilderung. Die großen Spannbänder gehören zu den Dingen, die ich leider nie fotografiert habe – ich hatte am Veranstaltungstag eben nie Muße dafür. Ich mußte die Spannbänder nach dem Trial natürlich wieder im Vergölstwerk abgeben (die Pfeile konnte ich behalten). Die Spannbänder maßen etwa 60 x 200 cm und verbreiteten sofort „Rennatmosphäre“ – ebenso wie die gelben Vergölst-Kappen, die die Teilnehmer gerne aufsetzten und die ebenfalls für Stimmung sorgten. Sie sind auf allen Fotos zu sehen. – Die großen Spannbänder hingen in der Regel nicht an den Sektionen, sondern dienten als Blickfang am auf den Plakaten genannten Anlaufpunkt, von dem aus zum eigentlichen Gelände ausgeschildert war. Beim ersten Trial 1974 hingen diese Vergölst-Spannbänder nahe der Kirchner Hütte zwischen Bäumen am Eingang des kleinen Wegs (an der Kirchner Hütte gibt es viele Wege in alle Richtungen), der zum Trialgelände führte. Heute ist dieser leicht gekrümmte Weg nach Baumfällarbeiten und entsprechendem Lichteinfall vollkommen unter Brombeergestrüpp verschwunden – in der folgenden Karte vom Veranstaltungsgelände habe ich ihn gestrichelt eingezeichnet, obwohl er momentan praktisch gar nicht mehr vorhanden ist.


Der große Weg, der sich in Schleifen über die vorstehende Karte windet, ist die sogenannte „Waldrundfahrt“ (hier fuhren bis in die frühen 70er Jahre Pferdekutschen, die in der Bad Nauheimer Kurstraße auf Kundschaft warteten), die sich als Wirtschaftsweg für die Forstverwaltung durch den gesamten Frauenwald zieht. Alle anderen eingezeichneten Wege sind Fußwege. Der Wald ist fast überall Laubwald, nur an einzelnen Stellen stehen auch Nadelbäume. Auf dem Veranstaltungsgelände, wo die Sektionen 1-4 lagen, ist das der Fall – vielleicht eignet sich der steinige Boden – die Trichter dort waren in vergangenen Zeiten mal ein Steinbruch gewesen – nicht für Laubbäume. 1974 war das ganze Gebiet um Start und Ziel und die Sektionren 1-3 ein Tannenwald, in dem es entsprechend dunkel war und es – vom Geäst der Tannen abgesehen – keinerlei störendes Unterholz gab. Das untenstehende Foto 2 von 1974 gibt die Atmosphäre ganz gut wieder. Heute findet man dort nur noch wenige Tannen und alles ist mit dichtem Gestrüpp zugewuchert. Der Weg von Sektion 2 zur Sektion 3, der früher völlig frei war, ist heute ein Urwald. Am besten findet man die Sektion 3 vom unterhalb verlaufenden Weg aus, wo es nicht zugewuchert ist. An einem einzelnen Felsen – einem Quader – den ich in die Karte eingezeichnet habe, kann man sich gut orientieren.
Beim zehnjährigen Jubiläum des Fahrrad-Trials 1984 war der Felsen als Bergaufstufe in einer Sektion enthalten und wurde zumindest von Hansjörg Rey auch fehlerfrei bewältigt. Der Felsen wäre auch 1974 in Sektion 3 enthalten gewesen – damals natürlich nicht zum Drüberfahren, sondern als natürliche Begrenzung einer oberhalb entlangführenden Spur am Hang. Dem zweiten Vorsitzenden des Stadtjugendrings, Kurt Wagner, der die Sektionen sicherheitstechnisch abnahm, war das aber zu gefährlich, so daß ich die Sektion 3 so umsteckte, wie sie dann gefahren wurde. Die Sektion wurde dadurch sogar eher besser und war mit ihrer Wende am Gegenhang reizvoll. Wirklich schwer war die Wende nicht. Aber die Teilnehmer fuhren alle ihr allererstes Trial mit ganz normalen Fahrrädern! Auch die erste Sektion direkt bei Start und Ziel war vom zweiten Vorsitzenden als zu gewagt beanstandet worden: die dortige Abfahrt hätte er zwar gerade noch akzeptiert, aber die nahestehenden Bäume waren ihm zuviel. Dieser Punkt wurde durch die Abänderung zwar behoben, aber die Sektion wurde durch eine in der geänderten Variante liegende Ausfahrt, die nicht „ohne“ war, sogar schwieriger. Die Klasse ohne Gangschaltung bekam hier eine Umgehung.
Bei dieser Sektion 1 fällt mir ein, daß auch heute (2025) Kinder und Jugendliche die Trichter für sich entdeckt haben. Auf dem Gelände gibt es ein paar harmlosere MTB-Trails – einer führt durch die damalige Sektion 1 und geht dann rechts an der Sektion 4 von 1974 vorbei bis zur Apfelbaumwiese.
Bevor ich acht Originalfotos vom Trial am 25. Mai 1974 einstelle, noch ein paar Bemerkungen vorweg. Der Stadtjugendring hatte ein Budget für Veranstaltungen – ich hatte also keine Unkosten und so war die Teilnahme kostenlos. Bei den ersten Trials gab es Sachpreise, die Bad Nauheimer Geschäfte stifteten. Als Punktkarten dienten Karteikarten, auf denen ich alle fünf Runden mit den Sektionen eingetragen hatte. Nach jeder Runde wurden die Karten natürlich bei Start und Ziel vorgezeigt, um die Rundenpunkte zu addieren und an der Rundentafel anzuschreiben. Diese Runden“tafel“ war anfangs eine einfache, beim Supermarkt aus dem Altpapier geholte große Kartonage – später machte ich mir eine mit Papier bespannte Holztafel mit Pfosten. Die Strafpunkte wurden von den Punktrichtern mit Filzstiften in verschiedenen Farben auf den Punktkarten eingetragen. Bei den Trials übernahm meine Schwester immer Start und Ziel – dafür standen am 25. Mai 1974 ein alter Holztisch und ein Holzstuhl aus dem Bad Nauheimer Stadtjugendheim im Tannenwald.
Gefahren wurden – ich erwähnte es schon – fünf Runden mit fünf Sektionen, also 25 Sektionen. Natürlich mußte ich den 30 erschienenen Teilnehmern – und ebenso den Punktrichtern! – das waren Klassenkameraden und Leute aus meiner Nachbarschaft – erklären, um was es genau ging: daß die Zeit egal war, daß nur in den Sektionen gewertet wurde, daß die Füße nur bis drei mitgezählt wurden und daß man auf keinen Fall „mit Fuß“ anhalten durfte, weil es dann fünf Strafpunkte gab, daß nur der schwerste Fehler zählte und man nicht mehr als 5 Strafpunkte bekommen konnte, daß die Fahrer sich die Sektionenen vorher angucken sollten und daß immer nur einer durch die Sektion fuhr. Noch Fragen? Also Hals- und Beinbruch – jetzt konnte es endlich losgehen! Das Wetter zur Premiere am 25. Mai 1974 konnte nicht besser sein – es war sonnig und angenehm warm.
Heute, aus der Distanz betrachtet, muß ich sagen, daß die Anforderungen für blutige Anfänger – und auf ganz normalen Fahrrädern – verdammt hoch waren. In der ersten Runde gab es überall Unmengen von Fünfen, in den letzten Runden hatten dann die – verbliebenen – Teilnehmer in der Regel nur noch einen Bruchteil der Punkte der ersten Runde. Am leichtesten war die Sektion 2, wo es in Kehren über leichtes Auf und ab mit ein paar Wurzeln ging, am schwierigsten die Sektion 4, wo man in einer Kehre um einen Baum herum eine steile Böschung herunter fuhr – unten folgt ein Foto von der Stelle. Ob diese Sektion mit Null bewältigt wurde, kann ich heute gar nicht mehr sagen – ich erinnere mich nur, daß es dort einen Gabelbruch gab! – Das Ganze mal fünf, weil ich das im FAHRERLAGER eben so gelesen hatte. Heute beim Hessencup sind wir bei 3×5 Sektionen für die kleinen Klassen!
Hier nun die Originalfotos – Fotografen und Fachleute haben sich alle Mühe gegeben, mit heutiger Technik das Beste aus den unterbelichteten Bildern meiner Kodak Instamatic herauszuholen! Darunter stelle ich dieselben Stellen im Jahr 2025 – so hat man den unmittelbaren Vergleich, der nach über 50 Jahren schon sehr interessant ist.








Zum Abschluß noch der Pressebericht aus der WETTERAUER ZEITUNG ein paar Tage nach der Veranstaltung, den Kurt Wagner vom Stadtjugendring geschrieben hatte. Es hieß darin natürlich „Trail“ – irgendwie scheint das nahezuliegen. Ein „Rennen“ war es natürlich auch nicht und bei Harald Erbe wurde das „e“ vergessen. Ansonsten aber ein schöner Artikel.

Erinnerungen
Markus Schlosser aus Schwalheim (bei Bad Nauheim), der das erste Trial am 25. Mai 1974 in der Klasse ohne Gangschaltung mit 70 Strafpunkten gewann und noch an mindestens zwei weiteren Bad Nauheimer Trials im Jahr 1976 teilnahm, konnte ich 2007 in Berlin ausfindig machen. Er schrieb mir daraufhin seine folgenden Erinnerungen an das damals 33 Jahre zurückliegende Trial:
„… In diesen Jahren hatte ich dank der guten Erziehung meiner Eltern (lächel, kleiner Scherz) sehr oft an Veranstaltungen des Stadtjugendrings teilgenommen. Über diesen Weg habe ich auch von dem Trial erfahren. Da wir viel an Rädern gebastelt haben und auch viel gefahren sind, sind wir mit Freunden hingefahren, hatten aber eigentlich keine so rechte Ahnung, was da passieren sollte. (…) Dort angekommen, sah alles ziemlich spannend aus … und ich wollte mich anmelden, mußte allerdings feststellen, daß es ein Minimalalter zur Teilnahme gab (…) Da ich am 26.9.1963 geboren war, war ich auf jeden Fall zu jung. Na ja, also mußte ich ein wenig schwindeln, habe mich etwas älter gemacht und durfte teilnehmen … ist wohl zum Glück nicht aufgefallen.
Dabei war nur ein Freund, da wir ja eigentlich nur durch Zufall da waren, ohne jede Vorbereitung. Ich weiß noch, daß die ganzen Helfer extrem freundlich waren. Man hat Tips bekommen bei der „Begehung“, ich vielleicht ein paar mehr, da der Kleinste, keine Ahnung. Ich habe die Strecke als anspruchvoll, aber fair in Erinnerung … und recht abwechselungsreich. (…) Gestartet bin ich mit einem rötlichen 24er Damenrad. Es war das ehemalige Rad meiner Schwester, die zwei Jahre älter war und das Stück ist dann an mich „vererbt“ worden. (…)
Da ich der deutlich Jüngste war, hatte ich mir keinerlei Chancen ausgerechnet gegen die Älteren (…). Aber irgendwie hat`s mit der Geschicklichkeit doch ganz gut hingehauen. Ich kann mich an Baumstämme erinnern, enge Wendungen an Hügeln mit ziemlich steilem seitlichen Abfall (…), ein paar Nuller, aber hier und da auch mal den Fuß abgesetzt oder aber abgestiegen (das aber eher wenig). (…)
Die Siegerehrung war natürlich das Größte … ich der Jüngste (was ich aber nicht preisgegeben habe, da ich Angst vor einer Disqualifikation hatte) (…) Und dann nachhause gekommen und die Mutter riesig stolz (nicht wegen des Schwindelns, aber wegen der Erfolgs). (…)
Zum heutigen Trial kann ich nichts sagen, da habe ich nie mehr Kontakt gehabt. Das Tolle war damals einfach, daß du kein Freak sein mußtest mit einem Hightech-Rad, sondern du konntest einfach hingehen und mit ein wenig Geschick ein gutes Ergebnis erzielen. Aber die Zeiten ändern sich wohl einfach.“
Über 50 Jahre später
Kann man sich Sektionen über ein halbes Jahrhundert lang merken? Ja und nein. Was die organisatorischen Details anbelangt, hatte ich mir das Wichtigste schon damals aufgeschrieben. Die fünf Sektionen meines ersten Trials haben sich mir natürlich ganz besonders eingeprägt, so daß ich sie noch heute abstecken könnte, wenn – ja wenn – die entsprechenden Gegebenheiten noch dieselben wären. Aber markante Bäume sind verschwunden, sie wurden weggesägt oder sind inzwischen vermodert, von manchen sieht man – vielleicht – noch die Stümpfe. Dafür sind Bäume, die es 1974 noch gar nicht gab oder die man als kleine, dünne Stöcke nicht groß wahrgenommen hat, inzwischen große, dicke Bäume geworden. Nahe der Sektion 5 hat sich auch die Topografie geändert: der Gegenhang, von dem ich seinerzeit das Foto 8 aufgenommen habe, existiert nicht mehr, so daß diese Perspektive von oben heute nicht mehr möglich ist.
In Sektion 1 weiß ich noch den genauen Verlauf meiner ursprünglich geplanten Sektion, kann aber nicht mehr sagen, wo genau sich die schwierige Auffahrt der geänderten Variante (siehe Foto 1) befand. Die Stelle von Sektion 2 hat sich so sehr verändert, daß man dort überhaupt nichts mehr wiedererkennen kann, obwohl ich mich gut an den Verlauf der Sektion erinnere. In Sektion 3 hat sich der Bewuchs sehr stark verändert – die früheren Tannen sind weitgehend verschwunden und einzelne, kleine Laubbäume dort sind inzwischen große, stattliche Bäume geworden. Die heute viel lichtere Optik ist damit eine völlig andere, aber der Verlauf der Sektion ist hier klar. Auch in Sektion 4 konnte ich die Schlüsselstelle exakt identifizieren – ich gehe im folgenden darauf ein, denn es ist interessant, diese Zeitreisen zu machen und zu sehen, wie sehr sich ständig alles verändert. Der gesamte Frauenwald ist gegenüber früher fünfzig Jahre älter geworden und das sieht man ihm auch deutlich an, wenn man ihn von früher her kennt! Dasselbe gilt für die Apfelbaumwiese, um deren Fortbestand man sich neuerdings zu kümmern scheint.
Ich stelle ein paar aktuelle Bilder (vom März 2025 und zusätzlich drei vom April 2014) dazu. Im März 2025 waren – anders als Ende Mai, als 1974 das Trial stattfand – noch keine Blätter an den Bäumen. Auch der Bildausschnitt oder die Perspektive sind hier und da nicht völlig mit den alten Fotos identisch. Ich habe aber versucht, mir Mühe zu geben.








Die Blätter, die im Mai 1974 an den Apfelbäumen hingen, erschweren natürlich einen genauen Vergleich mit dem Foto von 2025. – Bei der Apfelbaumwiese fällt – mehr noch als beim Frauenwald – deutlich auf, daß auch sie seit damals ein halbes Jahrhundert älter geworden ist! Es fehlen bereits etliche Bäume.


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3. Fahrrad-Trial am 24. Mai 1975
Das dritte Fahrrad-Trial war ein erster Höhepunkt – über fünfzig Tailnehmer waren am Start. Das Fahrrad-Trial des Stadtjugendrings hatte sich mittlerweile herumgesprochen und die gute Erreichbarkeit des Geländes ganz in der Nähe der Frauenwaldschule in Nieder Mörlen trug sicherlich ebenfalls dazu bei. Vor allem aber hatte ich – zusätzlich zu den Plakaten – eine kleine Anzeige in der WETTERAUER ZEITUNG aufgegeben – die Leute vom Stadtjugendring guckten etwas überrascht, segneten das aber ab … Dieses Inserat machte das Fahrrad-Trial natürlich wichtiger! Jedenfalls erschienen beim Frühjahrs-Trial 1975 Scharen von Kindern und Jugendlichen im Wald. Nicht alle fuhren mit, einige hatten ihren ganzen Freundeskreis als Zuschauer mit dabei.
Die Stimmung bei diesem Trial war wirklich einmalig. Natürlich wollte jeder gewinnen. Aber eigentlich ging es hauptsächlich darum, ein Held zu sein und vor seinen Kumpanen zu glänzen. Die Kinder und Jugendlichen konnten hier ein aus ihrer Sicht absolutes Neuland betreten. Für sie war das ein spektakulärer Wettbewerb und vor allem standen sie, auch wenn sie nur mit ihren Alltagsfahrrädern antraten, im Mittelpunkt – das war das Wichtigste. Es war ganz so, wie Markus Schlosser oben unter „Erinnerungen“ im letzten Absatz ganz treffend beschrieben hat. Die Teilnehmer, die an der Usabrücke von den großen Vergölst-Spannbändern empfangen wurden, fühlten sich wie am Nürburgring und strampelten im Eiltempo den kurzen Berg zum Waldrand hoch, wo sich die große Kartonage – die Rundentafel – zusehends mit Namen füllte.
Das Gelände an der Frauenwaldschule ist nicht spektakulär, aber sehr reizvoll und bot doch einige Sektionsmöglichkeiten, weswegen ich dieses Gelände – zumal wegen seiner Ortsnähe – gerne genutzt habe. Acht meiner 18 Fahrrad-Trials in Bad Nauheim fanden hier statt – ein zusätzlicher Grund, dieses dritte Fahrrad-Trial näher vorzustellen.


(wird fortgesetzt)
- Die früheren Vorläufer, von denen die älteste Veranstaltung vermutlich das Windlesham Wheelers Trial 1947 in England war, das ich 2018 in der British Library in London entdeckte, schliefen wieder ein, ohne eine Verbindung zum heutigen Fahrrad-Trial zu haben. Sie waren jeweils nur lokal noch einigen wenigen bekannt und fast schon in Vergessenheit geraten. Alle diese Veranstaltungen sind – soweit bisher bekannt – unter Punkt 3 aufgeführt. ↩
- Siehe hierzu unter Punkt 6. ↩
- FAHRERLAGER 2/74 (Feb./März), S. 21. Siehe im vorigen Kapitel „Vorgeschichte“ den Text zur Anm. 27 ↩
- Auf Baustellen benutzte man als Absperrbänder noch überall die gelben Plastikleinen, an denen zur Sichtbarkeit rote, weiße und orange Plastikstreifen bammelten und vereinzelt sah man sie auch noch an Trialsektionen.- Ich habe noch so ein Exemplar im Keller – es wäre inzwischen als ein damals weit verbreiteter Alltagsgegenstand heute fast ein Fall fürs Museum ↩