Die Anfänge in Deutschland

Die beiden ältesten Fahrrad-Trials im deutschsprachigen Raum in den siebziger Jahren waren ein „Kindertrial“ in Schatthausen südöstlich von Heidelberg und ein Fahrrad-Trial in Engabrunn in Österreich, die beide schon 1972 stattfanden. Über diese Fahrrad-Trials in Schatthausen, einem bekannten Trialverein, wurde kaum etwas bekannt und ich habe nur durch Zufall viel später davon erfahren. Die Veranstaltungen in Schatthausen schliefen aber bald wieder ein und gerieten in Vergessenheit. Das Trial in österreichischen Engabrunn wurde von einem Motorrad-Trialveranstalter als ein Dankeschön für Kinder organisiert, die beim Motorrad-Trial geholfen hatten. Der Umstand, daß auch hier der Funke nicht zum Feuer wurde, weist darauf hin, daß es auch in den Siebzigern nicht selbstverständlich war, daß sich das Fahrrad-Trial sofort verbreitete. Es mußten schon einige Faktoren zusammenkommen: begeisterte Fahrer, Geländemöglichkeiten und vor allen Dingen auch eine Unterstützung durch Erwachsene, die technische und organisatorische Hilfe leisten konnten (siehe Schatthausen 1972, Engabrunn 1972).

Kirchner Hütte in Bad Nauheim
Die Kirchner Hütte in Bad Nauheim, Treffpunkt zum ersten Fahrrad-Trial am 25.05.1974

Zum Ausgangspunkt der Entwicklung des Fahrrad-Trials in Deutschland wurde 1974 das Fahrrad-Trial in Bad Nauheim, das ich als damals 15jähriger (Gernot Menke, * 19.08.1958) organisierte. Die Veranstaltung war insofern ungewöhnlich, als es in Bad Nauheim nichts gab, was irgendwie mit Trial zu tun gehabt hätte. Das Trial wurde durch die Lektüre eines Buches angeregt: „Sport mit Motorrädern“ von Crius alias Christian Christophe. Desmond Lee hat in seinem Video „Leaps&Bounds – The Story of BikeTrial“ (2006) bereits davon berichtet. Ich war überzeugt, daß Trialsport mit Fahrrädern möglich und sinnvoll war und ging davon aus, daß das Fahrrad-Trial zu Unrecht „übersehen“ worden war, weil der Radsport den Trialsport nicht kannte und der Motorrad-Trialsport kein Interesse an Fahrrädern hatte. Es ärgerte mich, daß es zwar Geschicklichkeitsturniere wie den „Meister auf zwei Rädern“ des ADAC gab, aber nicht das viel interessantere Fahrrad-Trial. Deswegen veranstaltete ich am 25. Mai 1974 mein erstes Fahrrad-Trial in Bad Nauheim als eine bewußte Demonstration für das Fahrrad-Trial. Entsprechend habe ich von Anfang an darüber berichtet und Werbung für das Fahrrad-Trial gemacht, zunächst im damaligen DTSG (Deutsche Trialsport-Gemeinschaft)-Mitteilungsblatt FAHRERLAGER, später dann in der Zeitschrift TRIALSPORT, die 1976 vom deutschen Motorrad-Trialmeister Felix Krahnstöver gegründet wurde.

Wie häufig im Leben, waren es aber vor allem persönliche Begegnungen, die den weiteren Verlauf der Entwicklung des Fahrrad-Trials beeinflußten. Am 21. August 1976 traf ich bei einem Lauf zur deutschen Motorrad-Trialmeisterschaft in Bad Sooden-Allendorf zufällig Günter Schlieper (1935-2016), der mir als Vorsitzender der Deutschen Trialsport Gemeinschaft (DTSG) vorgestellt wurde und zugleich Vorsitzender des Motorsportclubs „Weser-Solling“ in Fürstenhagen war. Deswegen erzählte ich ihm am Rand einer Sektion, daß mein inzwischen sechstes Fahrrad-Trial in Bad Nauheim zwei Wochen zuvor wiederum ein voller Erfolg gewesen war und daß bei einem vorhergehenden Trial über fünfzig Teilnehmer am Start gewesen waren. Er hörte mir schweigend zu und es war ihm anzusehen, daß er überrascht und beeindruckt war. Wenige Wochen später las ich in TRIALSPORT die Ankündigung, daß der MSC Weser-Solling in Fürstenhagen im folgenden Jahr einen Pokalwettbewerb für Fahrräder austragen wolle. Das war der Beginn des „Velo-Trialpokals“ (VTP) in Fürstenhagen ab 1977.

VTP Ankündigung von 1977 in TRIALSPORT 10/Dezember 1976, S. 22.

Beim Velo-Trialpokal, der in den ersten beiden Jahren ein regionaler Wettbewerb im Raum Fürstenhagen war, sollte sich erneut ein persönlicher Kontakt als bedeutsam erweisen. Günter Schlieper war gut mit Felix Krahnstöver bekannt, der oft nach Fürstenhagen kam, wo regelmäßig Läufe zum Norddeutschen Trialpokal (NTP) oder zur Deutschen Trialmeisterschaft stattfanden. Zudem hielt Krahnstöver als deutscher Meister am Ende der Saison immer den Triallehrgang der Deutschen Trialsport Gemeinschaft auf dem Fürstenhagener Gelände ab. Günter Schlieper nutzte die Anwesenheit von Felix Krahnstöver beim DTSG-Lehrgang und hielt zeitgleich die Endsiegerehrung des Velo-Trialpokals ab, damit die Kinder und Jugendlichen ihre Pokale aus der Hand des deutschen Meisters überreicht bekamen. Im Herbst 1978 wurde Felix Krahnstöver bei dieser Gelegenheit ein kleiner Demonstrationsfilm über das Fahrrad-Trial vorgeführt, den die Fürstenhagener inzwischen gedreht hatten, um bei anderen Vereinen für das Fahrrad-Trial zu werben. Zudem sah er eine Trial-Vorführung der Fürstenhagener Jungs mit ihren Fahrrädern auf dem Gelände. Felix Krahnstöver, der wie viele dem Fahrrad-Trial bis dahin wenig Beachtung geschenkt hatte, war überrascht und begeistert und schrieb im Dezemberheft von TRIALSPORT einen enthusiastischen Leitartikel über das Fahrrad-Trial.

Leitartikel in TRIALSPORT 34 (Dez. 1978)